Mein Leben mit Führerschein

Nachts, wenn ich aufwache, kommt mir immer wieder dieser Gedanke: Wo ist mein Führerschein? Seit ich dieses verfluchte Ding am ersten April, ja, am ersten April, erworben habe, verfolgt es mich anscheinend Tag und Nacht.

Früh morgens, wenn ich aufstehe, um mich für die geliebte Schule vorzubereiten, denke ich als erstes an das rosarote Zettelchen, das es mit ermöglicht, ein Auto - hoffentlich unfallfrei - zu führen. Wo ist es? Man sucht und sucht und plötzlich findet man es in der Handtasche, verdeckt von zahlreichen wunderhübschen Personal- und Schülerausweisen. Ein Traum! In der Schule muss ich mich zusammenreißen, um nicht andauernd nachzusehen, wo der magische Zettel ist. Aber wenn ich so darüber nachdenke, überlegt man sich schon, was so besonders an dem sagenumwobenen Führerschein ist. Da kann man verschiedene Gründe präsentieren: Zunächst kann man sich natürlich stark fühlen, weil man ES geschafft hat. Außerdem ist man in der Lage, selbst ein Auto zu fahren. Das ist vermutlich auch die einzige Situation meines Lebens, in der etwas genau das tut, was ich will. Diese Tatsache möchte ich gerne einmal schildern: Am Mittwochmorgen fahre ich immer mit dem Automobil zur Schule. Ich saß also im Auto und fuhr auf die Kreuzung in Frankenberg bei Penny zu, nachdem die Strecke von meinem geliebten Heimatdorf bis zu besagter Stell bis auf ein einmaliges Abwürgen des Motors relativ ereignislos über die Bühne ging.  Hinter mir gefühlte zwanzig Autos die mich schon die ganze Zeit verfolgten. Erklären kann  ich mir das bis heute nicht richtig aber vermutlich wollten sie so einen eleganten und perfekten Fahrstil beobachten, um sich einige Tipps zu holen. Ich stand an dieser Kreuzung und plötzlich kam es im Radio: Mein Lieblingslied. Da konnte ich mich, als doch eigentlich sehr stille Person, auch nicht mehr halten und sang lautstark mit. Und plötzlich wagten es diese unverschämten Individuen hinter mir tatsächlich, die Hupeinrichtung der Fahrzeuge zu bedienen, um mich zum Fortfahren zu bewegen. Was sollte das? Nach einem kurzen Protest meinerseits in Form des Abschaltens des Motors fuhr ich schließlich doch weiter und vor der Ampel geschah es: Diese Dinger scheinen mich nicht zu mögen, denn immer, wenn ich komme, wechseln sie die Farbe, aber nicht mit mir. Ich wollte mich einmal widersetzen, um zu zeigen: „Ha, ihr Ampeln, ihr könnt mir gar nichts“. Von dieser Idee schienen die anderen Verkehrsteilnehmer allerdings nicht sonderlich angetan zu sein, denn ein erneutes, nicht sehr klangvolles Hupkonzert war die Folge. Man will ja keinen Unfall verursachen und so trat ich sehr gefühlvoll auf die Bremse, was fast einen Auffahrunfall, verursacht durch einen herrlichen Citroen C4 Cactus in der harmonischen Farbe „Kackbraun“, zur Folge hatte. Da konnte ich nun wirklich nichts für! Aber diese Situation in Kombination mit vorhergegangen Traumata dieses Morgens bewegten mich doch dazu, nach einem gerade noch abgewendeten Zusammenstoß mit einem Bagger relativ zügig die Straßen Frankenbergs zu verlassen, um mein Leben nicht unnötig aufs Spiel zu setzen und im sicheren Luxushotel „Schule“ einzuchecken.

Man sieht also; dieser Führerschein hat mein doch sehr bescheidenes Leben fundamental verändert. Abgesehen von diversen Risiken und Stresssituationen, die für ein schwaches Herz-Kreislaufsystem sicherlich nicht das Wahre darstellen sollten, gibt es auch zahlreiche Vorteile, den rosaroten Zettel (wenn man älter ist, mutiert er zu einer noch schöneren Karte mit Foto!) sein Eigen nennen zu können. Diese Vorteile muss allerdings jeder selbst finden…                                    Tabea Frese